Aquila Flash.

März 2018

1. März 2018

Weichenstellungen in Europa: GroKo und italienische Wahl

 

Am Sonntag dürfte die SPD dem Koalitionsvertrag zustimmen und die GroKo Wirklichkeit werden. Gegen Montagmorgen dürfte das Ergebnis der italienischen Parlamentswahl bekannt sein. Da die Mitgliedschaft Italiens im Euroland nicht Wahlthema ist, können Investoren das Ergebnis mit Gelassenheit nehmen. Egal, wie es ausfallen wird. Kurzfristig dürften die Finanzmärkte positiv auf eine erhöhte politische Gewissheit reagieren, wie immer auch das italienische Wahlergebnis ausfallen mag. Mittelfristig droht das Auslaufen der derzeitigen Erholungsrally, in der wir uns nach dem „Minicrash“ befinden.

 

Am Sonntag werden zwei wichtige Weichen für die europäische Politik gestellt.

Am Sonntagvormittag wird das Ergebnis des basisdemokratischen SPD-Mitgliederentscheides, ob die SPD erneut eine grosse Koalition mit der SPD eingehen soll, offenbart. Dies ist die letzte Hürde die genommen werden muss, damit die GroKo Realität wird.

Wir rechnen damit, dass die Mehrheit der Mitglieder für die GROKO stimmen wird und sind uns in dieser Einschätzung sehr sicher.

Sollte doch wider Erwarten die Mehrheit der SPD-Mitglieder sich gegen die GroKo aussprechen, würde Deutschland politisch betrachtet „italienisiert“ werden und Europa sähe sich einer erhöhten politischen Unsicherheit gegenüber.

Dann würden entweder Neuwahlen erfolgen, oder die CDU / CSU würde eine Minderheitenregierung „versuchen“. Die FDP hat bereits grünes Licht für dieses „Abenteuerexperiment“ signalisiert. Da das politische Establishment Neuwahlen wie die Pest hasst, weil sie ein Wahldesaster (=Stimmenverluste an die „Kleinen“) befürchten und weil Frau Merkel „nicht loslassen kann“, wäre eine Minderheitenregierung wohl wahrscheinlicher, als Neuwahlen.

Nochmals, wir sind uns sehr sicher, dass die SPD für die GroKo stimmen wird[1].

Eine eingehende Analyse der GroKo finden Sie in der letzten Ausgabe des Aquila Flash oder in der letzten Aquila Blogpost.

Nun zur Wahl in Italien, dem zweiten wichtigen politischen Ereignis. Was lässt sich über die Italienwahl sagen?

Vorweg eine Analyse der Bedeutung der italienischen Wahl für die Finanzmärkte. In der Vergangenheit, insbesondere während der Eurolandkreditkrise und während des „Brexit-Schocks“ reagierten die Finanzmärkte äusserst sensibel auf politische Ereignisse in Italien.

Derzeit ist dies nicht der Fall. Geht es bei den italienischen Wahlen wirklich nicht mehr um Leben und Tod, um den Fortbestand des Eurolandes und um das Risiko einer erneuten Eurolandkreditkrise?

Die Hauptgründe, warum die Kreditaufschläge italienischer Anleihen kaum Stress anzeigen und es wirklich nicht „um die Wurscht geht“ nach der Wichtigkeit geordnet lauten:

 

  1. Der italienische EZB-Präsident ist definitionsgemäss nicht Nichtitaliener, die EZB kauft im Zweifelsfalle „Alles auf“.
  2. Die eurokritischen Parteien „5-Sterne Bewegung“ und die „Lega“ haben hinsichtlich eines Referendums über den Verbleib im Euroland „zurückgerudert“. In den Parteiprogrammen wird der Verbleib im Euroland nicht in Frage gestellt.
  3. Dass die italienischen Eurolandkritischen Parteien ihre Kräfte bündeln ist so wahrscheinlich, wie dass die „Linke“ und die „FDP“ in Deutschland gemeinsame Sache machen.
  4. Die italienische Wirtschaft wächst mit 1.5% so wenig langsam wie seit rund 7 Jahren nicht mehr. Der Primärüberschuss dürfte 2018 auf rund 1.8% des Bruttoinlandproduktes wachsen.
  5. Ein Referendum würde höchstwahrscheinlich nicht durch die italienischen Konstitution „erlaubt“.
  6. Deutschland macht „Antireformen“ und implementiert Konvergenz der negativen Art. Die GROKO tötet die Agenda 2010.

 

Ein Italoexit kann auf absehbare Zeit mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Dies hat mittlerweile auch die angelsächsisch dominierte hysterische Finanzpresse verstanden.

Lohnt es sich dann eigentlich überhaupt weiter zu lesen? Wenn Sie wissen wollen wer gewinnen wird nicht, denn das wissen wir nicht. Wir haben aber ein paar Gedanken.

Die Unsicherheit hinsichtlich des Wahlausganges ist sehr hoch, nicht zuletzt deshalb weil, das revidierte Wahlgesetz nun Ähnlichkeiten mit dem deutschen Wahlsystem hat: 1/3 aller Sitze im italienischen Parlament werden nun direkt innerhalb ihres Wahlkreises gemäss Mehrheitswahlrecht gewählt. Somit hängt die Zusammensetzung auch vom persönlichen Charisma der von den Parteien in den Wahlkreisen aufgestellten Kandidaten ab. Deshalb sind die Umfragen vermutlich weniger repräsentativ und treffsicher als in der Vergangenheit. 2/3 der Sitze werden gemäss Verhältniswahl vergeben. Die Komponente Direktwahl dürfte jedoch insgesamt tendenziell die grösseren, etablierteren Parteien begünstigen.

In Italien werden die Parteibündnisse bereits vor den Wahlen gebildet. Es treten an 1. Das Mitte-Links-Bündnis um die Partito Democratico (PD). 2. Das Mitte-Rechts-Bündnis bestehend aus Forza Italia (Silvio Berlusconi), Lega Nord und Fratella d’Italia. 3. Die Fünf-Sterne-Bewegung.

Die Fünf-Sterne-Bewegung liegt gemäss Umfragen vorne, verfolgt aber eine bündnisfeindliche, schwierige Einzelgänger-Politik. Die Wahrscheinlichkeit eines klaren Sieges ist nahe null.

Das stärkste Bündnis ist gemäss Umfragen das Mitte-Rechts-Bündnis. Da die Forza Italia und die Lega Nord über einige charismatische Kandidaten verfügen dürften, könnte das Bündnis bei der Direktwahlkomponente gut abschneiden. Auch das Momentum der Umfragen spricht für Mitte-Rechts. Dieses Ergebnis wäre wohl auch das marktfreundlichste. Wir halten dieses Ergebnis für das wahrscheinlichste.

Das Zweitwahrscheinlichste Ergebnis ist eine Art „Riesenkoalition“ zwischen obigen Parteibündnissen mit kurzer Halbwertszeit. Wahrscheinlich könnten sich die PD, die Forza Italia und andere Parteien nur für eine gewisse Zeit zusammenraufen. Die Finanzmärkte könnten mit diesem Ergebnis leben.

Nochmalige Neuwahlen oder ein Zusammengehen der Euroskeptischen Parteien halten wir für sehr unwahrscheinlich.

Falls diesen Sonntag in Deutschland und Italien „marktfeindliche Politik“ abgewendet werden sollte (davon gehen wir aus), dürfte sich der Euro und die Aktienmärkte (Europäischen Anleihenmärkte) von der freundlichen Seite (unfreundlichen Seite) zeigen.

Allzu viel sollten Investoren allerdings nicht erwarten, da die Erholungsrally nach dem Minicrash vermutlich in den nächsten Wochen scheitern dürfte. Das ist aber ein anderes Thema.

 

[1] Es gibt aber ein Kuriosum. Wir wissen bereits, wie ein Schweizer SPD-Mitglied Mitglied –ausländische Mitglieder dürfen auch abstimmen- abstimmen wird. Jöel Bühler (22) möchte gegen den Koalitionsvertrag stimmen, da diese in erster Linie der AfD helfen würde. In diesem Punkt (in allen anderen nicht), schliessen wir uns der Analyse von Herrn Bühler an.

 


Kontakt: Thomas Härter, CIO, Investment Office
Telefon: +41 58 680 60 44


Disclaimer: Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen und Ansichten beruhen auf Quellen, die wir als zuverlässig erachten. Dennoch können wir weder für die Zuverlässigkeit noch für die Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Quellen garantieren. Diese Informationen und Ansichten begründen weder eine Aufforderung noch ein Angebot oder eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf von Anlageinstrumenten oder zur Tätigung sonstiger Transaktionen. Interessierten Investoren empfehlen wir dringend, ihren persönlichen Anlageberater zu konsultieren, bevor sie auf der Basis dieses Dokumentes Entscheidungen fällen, damit persönliche Anlageziele, finanzielle Situation, individuelle Bedürfnisse und Risikoprofil sowie weitere Informationen im Rahmen einer umfassenden Beratung gebührend berücksichtigt werden können.

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Rückblick 2023 – Ausblick 2024

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Im Jahr 2023 rückten zahlreiche geopolitische Risiken in den Vordergrund, ergänzt durch Zinserhöhungen der Notenbanken im Kampf gegen die Inflation. Der Konflikt in der Ukraine dauert bald zwei Jahre. Zusätzlich hat sich die Situation im Nahen Osten verschärft, insbesondere zwischen Israel und der Hamas. Eine Eskalation des Konflikts auf benachbarte arabische Länder konnte bislang verhindert werden. Zudem zeigen sich wirtschaftliche Schwächen bei zwei wichtigen Handelspartnern der Schweiz: China und Deutschland. Diese Entwicklungen führen zu einem Mangel an wichtigen Impulsen aus der Aussenwirtschaft. Geopolitische Themen werden auch im kommenden Jahr eine wichtige Rolle spielen. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass die Auswirkungen solcher Ereignisse auf die globalen Finanzmärkte oft nur von kurzer Dauer sind.

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