Aquila Flash.

Februar 2018

22. Februar 2018

Von der Königin Europas zur Sandwichkanzlerin

 

CDU, CSU und Frau Merkel verlieren, die SPD und Befürworter einer weitergehenden europäischen Integration gewinnen. Wir analysieren die sich abzeichnende GROKO und die sich hieraus ergebenden Konsequenzen. Die Befürworter einer weitergehenden europäischen Integration haben Grund zum Jubeln, Befürworter marktwirtschaftlicher Prinzipien und Staatshaushaltssanierungsfans haben Grund, in schwere Depressionen zu versinken. Die Tage der konjunkturellen Outperformance Deutschlands sind gezählt.

Frau Merkel hat eine neue Regierungskoalition gebildet. Um Neuwahlen zu verhindern, war Frau Merkel bereit, nahezu jeden Preis zu bezahlen.

Dies stärkt die Position und die Agenda der SPD, worüber sich Frank-Walter Steinmeier, der Bundespräsident und „Vater der GROKO“ freuen dürfte.

Vermutlich hat die CDU / CSU noch nie in ihrer Geschichte so viele Konzessionen machen müssen wie 2018. Sigmar Gabriel (SPD) dürfte Aussenminister (und damit Vizekanzler) werden. Damit stellt die SPD den wohl wichtigsten Posten nach dem Kanzler(innen)posten. Auch das Finanzministerium geht an die SPD, das vermutlich drittwichtigste Ministerium. Frau Merkel hat, übertrieben dargestellt, eine Sandwichposition inne. Der Aussenminister und der Finanzminister rapportieren an die Kanzlerin, die Kanzlerin (theoretisch) an das Staatsoberhaupt, den Bundespräsidenten, den mit Herrn Steinmeier ebenfalls die SPD stellt. Der Bundespräsident hat zwar eigentlich „fast nur“ repräsentative Funktionen. Da Steinmeier jedoch gut in der SPD vernetzt ist wie kein anderer, sehen die realpolitischen Machtverhältnisse der „Sandwichkanzlerin“ wahrscheinlich ganz anders aus! Nicht schlecht für die SPD, die „nur“ 20.5% der Stimmen erhielt (Union: 32.9%, AfD: 12.6%, FDP: 10.7%, Linke: 9.2%, Grüne: 8.9%) und 5.2% der Stimmen im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 verlor.

Damit hat die eigentliche Verliererin der Bundestagswahl 2017, die SPD, der Koalition ihren Stempel aufgedrückt. Frau Merkel bleibt zwar noch einmal an der Macht, bürdet ihrer Partei und der CSU aber einen hohen Preis auf, indem Grundpositionen der Parteien durch Grundpositionen der SPD weitgehend ersetzt werden. Sie zwingt der CDU & CSU einen Linksrutsch auf, den diese und ihre Stammwähler nicht wollen. Neben der SPD insgesamt hat Frank-Walter Steinmeier als „Königinnenmacher“ an Ansehen und realpolitischer Macht hinzugewonnen.

Da Steinmeier und Gabriel im Auftreten recht eloquent sind, während Frau Merkel eher die Meisterin der Verhandlungen hinter geschlossenen Türen, sicher keine begnadete Rhetorikerin ist, könnte es sein, dass Sie bald die „Führungsschlacht“ hinsichtlich der Dimensionen „Gewandtheit, Führungskompetenz und Durchsetzungsfähigkeit“ verlieren wird. Es ist nicht das Ziel der SPD, die Kanzlerin „glänzen zu lassen“. Kein Wunder, dass sich die Anzeichen mehren, dass Frau Merkel zunehmend die Unterstützung der Basis der CDU und CSU verliert.

Schon bald könnte sich der erste grosse Verlierer und der erste grosse Gewinner zeigen: Bei der Landtagswahl 2018 in Bayern besteht die Gefahr, dass die CSU viele Stimmen an die AFD verliert.

Die schwächere Position der CDU / CSU und von Frau Merkel stärken Macron, Frankreich und alle, die eine weitergehende Integration innerhalb der europäischen Union wollen. Ein anderes Wort für weitergehende Integration ist „institutionalisierte Transferunion“.

Es ist wahrscheinlich, dass die wenigen noch existierenden marktwirtschaftlichen Oasen in einer sich immer mehr ausbreitenden staatlich gelenkten „Wirtschaftsadministrationswüste“ auch noch wegreguliert werden. Damit würden Deutschland und die EU genau den gegenteiligen Kurs der Administration Trump einschlagen, die versucht, den Einfluss des Staates und der Regulierungsbürokraten in die Schranken zu weisen.

Investoren sollten eine Erhöhung der Staatsausgaben erwarten. Die Sozialhaushalte, Kohäsionsfonds, Infrastrukturausgaben, Rüstungsausgaben und die Anzahl der Staatsangestellten dürften wachsen. Der Widerstand gegen ein keynesianisches, schuldenfinanziertes Konjunkturankurbelungsprogramm wird dahin schmelzen, so wie der Posten des Finanzministers mit halbwegs akzeptablen ordoliberalem Gedankengut dahingeschmolzen ist – eine andere Art zu sagen, dass Herr Schäuble nicht mehr Finanzminister sein wird.

Die Bemühungen, die überbordenden Staatshaushalte zu sanieren und den Bürokratismus zurückzudrängen sowie die Schulden-Vergemeinschaftung aufzuhalten müssen auf absehbare Zeit begraben werden. Zugegeben, Frankreich führt zaghafte Reformen durch. Diese werden jedoch durch Antireformen der GROKO konterkariert werden. Will man das ganze positiv beschreiben, kann man sagen, dass der Konvergenzprozess innerhalb des Eurolandes sich durch die GROKO beschleunigt hat. Es ist leider Konvergenz der schlechten Art: Zurückdrängung ökonomisch gesunder Prinzipien und Ausweitung des Staates zu Lasten der Marktwirtschaft. Negativ formuliert: der Wettbewerb der Institutionen wird weithin durch Gleichschaltung auf (vermutlich) deutlich tieferem Niveau abgeschafft. Positiv formuliert: Der Integrationsprozess innerhalb der Europäischen Union nimmt Fahrt auf.

Innerhalb der deutschen Parteienlandschaft dürften die kleinen Parteien die zukünftigen Hauptgewinner sein. Bei der nächsten Bundestagswahl dürften die FDP, die Grünen und die AfD massiv an Stimmen zulegen. Da die CDU unter Frau Merkel immer weiter nach links rutschte, dürften sich immer mehr traditionelle Wähler bei der FDP und –man mag davon halten, was man will- bei der AfD aufgehoben fühlen.

Vorerst jedoch ist die deutsche Politik weiter nach links gerutscht, entgegen allen Erwartungen (und Ängsten) vor der Wahl, dass Deutschland zu stark nach rechts rutschen könnte.

Die Tage der konjunkturellen Sonderrolle, welche die deutsche Wirtschaft nach der Finanzkrise, aufgrund der Eurolandkrise / Staatsverschuldungskrise und der damit einhergehenden, für die deutsche Wirtschaft zu tiefen Zinsen und zu schwachem Euro bisher gespielt hat, dürften gezählt sein. Für die europäischen Finanzmärkte, die europäische Konjunktur ist diese Entwicklung kurzfristig förderlich. Für das langfristige Trendwachstum und die Wettbewerbsfähigkeit eher schlecht. Aufgrund der Trump’schen Deregulierungsinitiativen geht die USA im „Ryder-Cup“ nach den ersten entscheidenden Duellen klar als Sieger hervor und macht ein europäisches Comeback eher unwahrscheinlich / schwierig.

 


Kontakt: Thomas Härter, CIO, Investment Office
Telefon: +41 58 680 60 44


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Rückblick 2023 – Ausblick 2024

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Im Jahr 2023 rückten zahlreiche geopolitische Risiken in den Vordergrund, ergänzt durch Zinserhöhungen der Notenbanken im Kampf gegen die Inflation. Der Konflikt in der Ukraine dauert bald zwei Jahre. Zusätzlich hat sich die Situation im Nahen Osten verschärft, insbesondere zwischen Israel und der Hamas. Eine Eskalation des Konflikts auf benachbarte arabische Länder konnte bislang verhindert werden. Zudem zeigen sich wirtschaftliche Schwächen bei zwei wichtigen Handelspartnern der Schweiz: China und Deutschland. Diese Entwicklungen führen zu einem Mangel an wichtigen Impulsen aus der Aussenwirtschaft. Geopolitische Themen werden auch im kommenden Jahr eine wichtige Rolle spielen. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass die Auswirkungen solcher Ereignisse auf die globalen Finanzmärkte oft nur von kurzer Dauer sind.

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