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Aquila Flash Regulierungswelle bei „Tech-Firmen“

30. Juli 2021

Regulierungswelle bei „Tech-Firmen“ – was steckt dahinter?

 

Nicht nur in China, auch in den USA bis hin zur EU sind die Regierungen über die allgegenwärtige Macht von Big Tech beunruhigt. Der Einfluss ihrer Plattformen auf Wahlen, die Sicherheit der riesigen Menge von Verbraucherdaten und die Ausbeutung von Arbeitern rücken diese Unternehmen zunehmend in den Fokus der Behörden. In den USA wurden Anhörungen im Kongress durchgeführt und Kartellklagen eingereicht, bis jetzt noch ohne weitreichende Konsequenzen. In China hingegen zieht die Regierung die Zügel straffer an, das politische System ermöglicht ein schnelleres Handeln.

 

Vier Säulen der Stabilität

Generell ist Peking über folgende vier Säulen der Stabilität besorgt: Bankwesen, Kartellrecht, Datensicherheit und soziale Gleichheit. Die Staatseingriffe starteten letzten November, als der Megabörsengang vom Fintech-Gigant Ant Group, der zu einem Drittel Alibaba gehört, abrupt auf Eis gelegt wurde. Ursprung waren Aussagen von Jack Ma, welcher öffentlich die politische Führung hinsichtlich dem Bankensystem kritisiert hatte und die Firma womöglich zu grossen Einfluss (bzw. Risiko) auf genau dieses System ausgeübt hätte.

Die Regierung nimmt auch weitere Fintech-Unternehmen ins Visier, darunter Didi (Uber von China), Tencent (Chinas grösstes Social-Media-Unternehmen) und Baidu (Google von China). Kurz nach dem Börsengang von Didi kündigte die chinesische Aufsichtsbehörde an, das Unternehmen aus Gründen der “nationalen” Sicherheit zu überprüfen und verhängt nun verschiedene Strafen. Auch gegen Tencent und Baidu hat die Regierung eine “kartellrechtliche” Untersuchung eingeleitet und Geldstrafen verhängt wegen verschiedener früherer Vergehen. Den Höhepunkt markierten die jüngst angekündigten Sanktionen gegen Nachhilfeinstitute. In einer weitreichenden Überarbeitung verbietet China Unternehmen, die den Lehrplan der K-12-Schulen unterrichten, jeglichen Profit zu machen, um die soziale Gleichheit zu wahren.

Präsident Xi Jinping ist es offenbar egal, ob Aktienanleger, darunter viele von ihnen Ausländer, Milliarden von Dollar verlieren. Er weiss, dass Chinas Mittelschicht ihm den Rücken stärken wird. Sie befürworten dieses Durchgreifen. In Zukunft müssen Investoren wohl erkennen, dass die vier Säulen Teil der Vision von Präsident Xi Jinping sind.

 

VIE-Strukturen

Die VIE-Struktur (Variable Interest Entity) wurde in den letzten 20 Jahren verwendet, um chinesischen Unternehmen die Möglichkeit zu geben, sich in Hongkong oder den USA an der Börse zu notieren und so Zugang zu einer Aktionärsbasis ausserhalb des chinesischen Festlands zu erhalten (via Gründung einer Offshore-Gesellschaft). Die Verwendung von VIE-Strukturen gerät zunehmend in den Fokus der Behörden. China verbietet ausländische Investitionen in bestimmten Branchen wie dem Internet, Telekommunikation etc., die als sensibel für die nationale Sicherheit gelten.

 

Technologie mal anders betrachtet

China geht nicht gegen alle seine Technologieunternehmen vor. Beispielsweise scheint Huawei immer noch die volle Unterstützung der Regierung zu geniessen. Auch wird mit Hochdruck versucht, eine erstklassige heimische Halbleiterindustrie aufzubauen und es wird selbst in spekulative Start-ups riesige Geldsummen investiert. Es ist nicht die Technologie, die China zerschlägt, es sind die verbrauchernahen Internet-Softwareunternehmen, welche die Amerikaner als „Technologie“ bezeichnen. Warum setzen die Amerikaner „Tech“ überhaupt mit Unternehmen wie Google, Amazon und Facebook gleich? Ein Grund dafür ist, dass die amerikanische Internet-Industrie etwas ist, indem die USA wirklich gut sind. Im Gegensatz zur Hardware-Industrie ist die Verbraucher software etwas, in dem die asiatische Konkurrenz noch nicht ganz so stark ist. Mit ihren Netzwerkeffekten, Unmengen an geistigem Eigentum und starkem Markenwert erzielen erfolgreiche Softwareunternehmen hohe Margen. Und da der Westen oft dazu neigt, Gewinn mit Wert gleichzusetzen, wird die Softwareindustrie als Industriechampion betrachtet, welcher einen enormen wirtschaftlichen Wert für ein Land schafft.

Vielleicht sieht China die Dinge etwas anders. Es ist möglich, dass die chinesische Regierung denkt, dass solche Unternehmen nicht wirklich zur Wertschöpfung beitragen.

Das harte Durchgreifen gegen Chinas Internetsektor könnte Teil der neuen nationalen Industriepolitik des Landes sein. Anstatt den lokalen Behörden zu erlauben, Ressourcen in alles zu stecken, von dem sie glauben, dass es schnelles Wachstum erzeugt (Strategie der 90er und frühen 2000er Jahren), versucht China nun, die Industrie des Landes auf das zu lenken, von dem sie glauben, dass es der Nation als Ganzes dienen wird: Sprich geopolitische wie auch militärische Macht.

Denn für eine Kriegsführung braucht man eine Menge an militärischer Ausrüstung, sprich Motoren, Treibstoff, Technik etc. Ausserdem benötigt man Chips, um die Hardware zu betreiben, denn die Militärtechnik ist zunehmend softwaregesteuert. Sie brauchen auch Überwachungsmöglichkeiten, um ihre Gegner im Auge zu behalten und um die soziale, technische und informative Kontrolle aufrechtzuerhalten.

Nach dem Kalten Krieg verlagerten sich die Prioritäten im Westen vom Überleben zur Unterhaltung und Konsum. Aber China ist nie wirklich aus diesem Modus herausgekommen.

Chinas Führer haben sich für Wirtschaftswachstum eingesetzt, aber dieses Wachstum war immer auf den Kern einer umfassenden nationalen Macht ausgerichtet.

Die jungen Chinesen mögen zunehmend bereit sein, Geld zu verdienen und sich zu amüsieren, aber die Führung ist noch nicht so weit.

Wenn Chinas Regierung sich also überlegt, auf welche Art von Technologien sie die Ingenieure und Unternehmer des Landes ansetzen wollen, dann wollen sie nicht, dass diese ihre Anstrengungen auf Dinge verwenden, die «nur» dem Spass und der Bequemlichkeit dienen.

Möglicherweise haben sie einen Blick auf ihren Verbraucher-Internet-Sektor geworfen und beschlossen, nicht weiter Kapital und hochqualifizierte Arbeitskräfte für eine Industrie zu «verschwenden», welche wenig zur Erreichung der langfristigen Ziele beiträgt.

 

Anlagepolitische Konklusionen

Für Investoren ist vorerst Vorsicht geboten. Die aktuelle Lage bleibt unberechenbar, jederzeit können neue Sanktionen, auch in anderen Sektoren wie beispielsweise dem Gesundheitswesen (soziale Gleichheit), ausgesprochen werden. Für Unternehmen aus dem Internetbereich und ähnlichen Sektoren weht momentan ein rauer Gegenwind, eine rasche Erholung scheint nicht unmittelbar in Aussicht zu stehen. Zudem muss das Vertrauen der Investoren wieder zurückgewonnen werden, der angerichtete Schaden ist hoch. Ebenso birgt die sich verschärfende Tonalität zwischen China und USA Unsicherheit und sorgt für eine entsprechende Risikoprämie in chinesischen Aktien. Gut möglich, dass China zukünftig VIE-Strukturen in den USA blockieren wird. Allerdings benötigt China weiterhin viel ausländisches Kapital, um strategische Ziele zu erreichen, daher ist es eher unwahrscheinlich, dass die VIE-Struktur für bestehende Unternehmen verboten wird.

China bleibt nichtsdestotrotz der Wachstumsmotor der Weltwirtschaft. Über 60% des GDP in Asien ex Japan und über 40% des weltweiten GDP stammen aus dem Land. Gut möglich, dass die meisten chinesischen Unternehmen die Botschaft der Regierung verstehen, entsprechend umsetzen und somit in den kommenden Jahren weiter florieren können. Dementsprechend attraktiv sind auch die aktuellen Bewertungen. Anleger, welche noch nicht exponiert sind, könnten beginnen, schrittweise eine Position aufzubauen.

 


Kontakt: Claudio Henseler, Investment Office
Telefon: +41 58 680 60 73


Disclaimer: Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen und Ansichten beruhen auf Quellen, die wir als zuverlässig erachten. Dennoch können wir weder für die Zuverlässigkeit noch für die Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser Quellen garantieren. Sämtliche Informationen werden ohne Mängelgewähr und ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zusicherungen oder Gewährleistungen zur Verfügung gestellt. Diese Informationen und Ansichten dienen rein zu Informationszwecken und begründen weder eine Aufforderung noch ein Angebot oder eine Empfehlung zum Erwerb oder Verkauf von Anlageinstrumenten oder zur Tätigung sonstiger Transaktionen. Interessierten Investoren empfehlen wir dringend, ihren persönlichen Anlageberater zu konsultieren, bevor sie auf der Basis dieses Dokumentes Entscheidungen fällen, damit persönliche Anlageziele, finanzielle Situation, individuelle Bedürfnisse und Risikoprofil sowie weitere Informationen im Rahmen einer umfassenden Beratung gebührend berücksichtigt werden können. Wir übernehmen keine Haftung für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen und Ansichten. Soweit gesetzlich zulässig schliessen wir jede Haftung für direkte, indirekte oder Folgeschäden aus, einschliesslich entgangenen Gewinns, die aufgrund der publizierten Informationen entstehen.

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Rückblick 2023 – Ausblick 2024

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Im Jahr 2023 rückten zahlreiche geopolitische Risiken in den Vordergrund, ergänzt durch Zinserhöhungen der Notenbanken im Kampf gegen die Inflation. Der Konflikt in der Ukraine dauert bald zwei Jahre. Zusätzlich hat sich die Situation im Nahen Osten verschärft, insbesondere zwischen Israel und der Hamas. Eine Eskalation des Konflikts auf benachbarte arabische Länder konnte bislang verhindert werden. Zudem zeigen sich wirtschaftliche Schwächen bei zwei wichtigen Handelspartnern der Schweiz: China und Deutschland. Diese Entwicklungen führen zu einem Mangel an wichtigen Impulsen aus der Aussenwirtschaft. Geopolitische Themen werden auch im kommenden Jahr eine wichtige Rolle spielen. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass die Auswirkungen solcher Ereignisse auf die globalen Finanzmärkte oft nur von kurzer Dauer sind.

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